Achtsamkeit üben
Tipps und Achtsamkeitsübungen für Einsteiger und Fortgeschrittene von der Körperpsychotherapeutin Renate Kommert.
Die bewusste Hinwendung zum Hier und Jetzt hilft Frauen mit Brustkrebs und solchen, die die Therapie überstanden haben, mit Ängsten und Stress umzugehen. Die Körperpsychotherapeutin Renate Kommert verrät uns, wie sich Achtsamkeit trainieren lässt.
Sich auf die Gegenwart zu konzentrieren, die eigenen Gefühle und Gedanken ganz bewusst wahrzunehmen, und zwar ohne sie zu bewerten – genau das ist Achtsamkeit. „Dabei ist Achtsamkeit wie ein Muskel“, erklärt Renate Kommert, Körperpsychotherapeutin und MBSR-Lehrerin am Mammazentrum Hamburg: „Je länger wir ihn trainieren, desto stärker wird er.“ In ihren zweimonatigen MBSR-Kursen (engl. Mindfulness Based Stress Reduction, dt. Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion) lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer daher unterschiedliche Techniken kennen, mit denen sie auch nach Ende des Kurses weiterarbeiten können. Aber auch für Frauen, die keinen Achtsamkeitskurs besuchen, hat Renate Kommert ein paar Tipps, diesen „Muskel“ zu trainieren und für sich zu nutzen.
Für Einsteiger
„Der erste Schritt, um Achtsamkeit zu üben, ist, sich bewusst auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und die Umgebung sowie sich selbst bewusst wahrzunehmen“, sagt die MBSR-Lehrerin. Zwei Beispiele:
1. Achten Sie auf Ihren Atem.
Nehmen Sie Ihren Atem so wahr, wie er ist – egal, ob er gerade ruhig und gleichmäßig ist oder durchs Treppensteigen etwas „rasselt“. Warum uns das hilft? „Unser Atem“, erklärt Kommert, „kann eine Art ‚Rückholmuskel’ sein.“ Geraten wir ins Grübeln oder haben wir Angst, hilft die Konzentration auf das Heben und Senken der Brust oder der Bauchdecke, uns in den Moment zurückzuholen.
2. Nehmen Sie Ihre Umgebung mit all Ihren Sinnen wahr.
Was sehe ich beim Einkaufen? Was höre ich, wenn ich durch den Park gehe? Wie riecht der Kaffee in meiner Hand? „Die Konzentration auf das Licht, das durch das Fenster fällt, oder auf die Kieselsteine, die unter meinen Schuhen knirschen, ist eine bewusste Hinwendung zum Moment“, berichtet die Körpertherapeutin, „und hilft uns, uns nicht in Ängsten zu verlieren.“
Zur Person
Für Fortgeschrittene
Schaffen Sie es, sich im Alltag immer wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und sich auf ihre Umgebung und sich selbst einzulassen, können Sie sich Ihren Gefühlen zuwenden – nicht nur den angenehmen, sondern auch den unangenehmen.
1. Lassen Sie Angst und Schmerzen zu.
Wovor habe ich Angst? Was schmerzt mich? Wie fühlen sich diese Angst und der Schmerz an? Wo und wie spüre ich sie im Körper?„Je mehr wir auch unsere schwierigen Gefühle erforschen“, erklärt MBSR-Lehrerin Kommert, „desto mehr Abstand gewinnen wir zu ihnen.“ Das heißt, wir hören auf, uns mit unseren Ängsten und Sorgen zu identifizieren und erobern unsere Handlungsfähigkeit zurück.
2. Akzeptieren Sie Ihre Ängste und den Schmerz.
Je öfter wir uns unsere unangenehmen Emotionen bewusst anschauen und verstehen, woher sie kommen, desto leichter fällt es uns, sie anzunehmen. „Haben wir unsere Ängste erst einmal akzeptiert“, weiß Renate Kommert, „werden sie mit der Zeit leiser.“
Hinweis: Kursangebote zum Thema Achtsamkeit sowie weitere Informationen erhalten Sie auf der Homepage des MBSR-MBCT Verbandes. Zum Thema gibt es auch zahlreiche Bücher.
- „Achtsamkeit – Entscheidung für einen neuen Weg“ von Alois Friedrich Burkhard und Juliane Stern, Schattauer, 2015
- „Achtsamkeit für Anfänger“ von Jon Kabat-Zinn, Arbor Verlag, 2013
- „Achtsamkeit und Krebs – Hilfen zur emotionalen und mentalen Bewältigung von Krebs“ von Katja Geuenich, Schattauer, 2013
- „Das Einmaleins der Achtsamkeit: Vom sorgsamen Umgang mit alltäglichen Gefühlen“ von Jessica Wilker, Herder Verlag, 2011
26. April 2018
Foto: Jayme Burrows/Stocksy