Brustkrebs-Kochbuch: Kochen ist Lebensbejahung
Gesunde, einfache Rezepte und Ernährungstipps, verfasst von einem renommierten Brustkrebsspezialisten.
Gebackene Feta-Eier, Linsen-Halloumi-Salat oder Mousse au Chocolat mit Himbeeren: Das „Brustkrebs-Kochbuch“ hat viele spannende und zugleich gesunde, ausgewogene Rezepte zu bieten. Ganz nebenbei erklärt es außerdem, worauf Frauen mit Brustkrebs in Sachen Ernährung und Lebensweise achten sollten – nicht nur während der Therapie, sondern auch in der Zeit danach.
Dass ein erfahrener Onkologe und Chirurg sein Skalpell freiwillig gegen eine Suppenkelle eintauscht und sich an den Herd stellt, um ein Kochbuch zu schreiben, mag auf den ersten Blick überraschen. Beschäftigt man sich hingegen etwas genauer mit dem Briten Mohammed Keshtgar – dem Mann, der das getan hat –, erscheint der temporäre Professionswechsel gar nicht mehr so abwegig.
Als chirurgischer Onkologe in London hat sich Keshtgar bereits vor vielen Jahren auf die Behandlung von Frauen mit Brustkrebs spezialisiert. Dabei wurde ihm klar: Haben die Frauen den Schock der Diagnose erst einmal überwunden, wollen viele eine aktive Rolle in der Behandlung einnehmen – und da wir nichts stärker in der Hand haben als das, was wir essen und trinken, kam Keshtgar auf die Idee mit dem Kochbuch. Denn Essen ist, wie die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen sagt, auch eine „Lebensbejahung“.
Ein ordentliches Porridge hilft gegen Osteoporose
Gut 100 Rezepte und viele hilfreiche Ernährungstipps hat Keshtgar in dem 173 Seiten starken Buch zusammengetragen – unterstützt durch ein Team von Expertinnen: Mit dabei ist nicht nur die Rezeptautorin und Food Stylistin Emily Jonzen, sondern auch eine Ernährungswissenschaftlerin und eine Biochemikerin.
Das Resultat kann sich sehen lassen. Die meisten Gerichte des Brustkrebs-Kochbuchs sind schnell und einfach zuzubereiten, von komplizierten Tranchieranweisungen keine Spur. Beim „Apfel-Zimt-Porridge“ heißt es beispielsweise nur: Alle Zutaten in einen Topf geben und erwärmen, dann sechs bis acht Minuten kochen – und fertig ist das nahrhafte Frühstück. Die größte Herausforderung beim „Griechischen Salat mit Wassermelone“ ist das Zerschneiden von Melone, Gurke und Tomate in mundgerechte Stücke und auch für die Zubereitung der „Topinambur-Maronen-Suppe“ muss nicht viel getan werden – zumindest nicht, wenn man einen Pürierstab zu Hause hat.
Ein besonderes Schmankerl sind die kleinen Ernährungstipps, die einen Großteil der Rezepte begleiten. Die Infokästen erläutern, warum und in welcher Situation oder Krankheitsphase ein Gericht besonders geeignet sind. Das bereits erwähnte Porridge ist beispielsweise nicht nur sättigend, es enthält auch reichlich Kalzium – und das stärkt die Knochen. Das ist, wie wir erfahren, insbesondere für Frauen mit hormonabhängigem Brustkrebs relevant, denn zur Behandlung bekommen viele von ihnen Medikamente, die den Östrogenspiegel senken. Das hemmt das Wachstum der Krebszellen, steigert jedoch auch das Risiko einer Osteoporose.
Interessant ist auch der Hinweis, den wir bei der „Topinambur-Maronen-Suppe“ finden. Das Süppchen wird nämlich mit einem Spritzer Zitronensaft serviert. Das sorgt nicht nur für einen besonderen Geschmack, sondern regt auch den Speichelfluss an und erhöht damit den Appetit. Wer wegen einer Strahlen- oder Chemotherapie entzündete Mund- oder Rachenschleimhäute hat, sollte allerdings auf die würzige Säure verzichten, rät Keshtgar.
Kohlenhydrate sind besser als ihr Ruf
Wem diese Erklärungen nicht ausreichen, dem sei die Lektüre der Einleitung empfohlen. In ihm hat das Autorenteam den aktuellen Wissensstand in Sachen Brustkrebs und Ernährung gut verständlich zusammengefasst. Zucker und Kohlenhydrate kommen dabei übrigens besser weg, als viele denken würden. So deuten verschiedene Studien zwar darauf hin, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen einem ausgiebigen Verzehr von Kohlenhydraten und einem erhöhten Brustkrebsrisiko. Eine genaue Analyse der Studien stütze diese These hingegen nicht. Dagegen gibt es Hinweise, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Brustkrebsrisiko senken könnte.
Warum das Kochbuch den Zusatztitel „100 Rezepte zur Prävention, Therapie und Nachsorge“ trägt, erschließt sich hingegen nicht. Eingeteilt sind die Rezepte nämlich ganz klassisch in die Kapitel „Frühstück“, „Suppen“, „Fleisch und Geflügel“ und „Dessert“. Welche Rezepte besonders gut für bestimmte Krankheitsstadien geeignet sind, beispielsweise für die Zeit während der Chemo- oder Antihormontherapie oder in der Nachsorge, müssen die Leserinnen anhand der Einleitung und der Infokästen selbst herausfinden.
Aber vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht: Beim Kochen geht es letztendlich auch um Genuss und das Miteinander – und ein „Beerensorbet mit Rosenwasser“ ist schließlich kein Medikament.
„Das Brustkrebs-Kochbuch. 100 Rezepte zur Prävention, Therapie und Nachsorge“ ist im Knaur Verlag erschienen und kostet 19,99 Euro.
Mohammed Keshtgar – ein Nachruf
Mohammed Keshtgar wurde 1962 in Belutschistan im südlichen Iran geboren, absolvierte sein Studium in Pakistan und zog dann nach Irland. Am Royal Free Hospital und Whittington Hospital in London spezialisierte er sich auf die Therapie von Frauen mit Brustkrebs. Um die Behandlung zu verbessern, entwickelte er auch neue minimal-invasive Methoden – etwa die Sentinel-Node-Biopsie. Gemeinsam mit der Gesundheitsabteilung der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) engagierte Keshtgar sich außerdem dafür, die Behandlung von Frauen mit Brustkrebs in weniger entwickelten Ländern zu verbessern, da mit den richtigen Operationsmethoden die Zahl der Mastektomien in diesen Regionen vermeidbar wären. Mohammed Keshtgar ist Ende 2017 im Alter von 55 Jahren gestorben.
26. Juli 2018
Buch Cover: Droemer Knaur