Herzen gegen den Schmerz
Für Frauen mit Brustkrebs näht Grit Hoff gemeinsam mit Ehrenamtlichen Kissen in Herzform – um Trost zu spenden.
Die Wiesbadenerin Grit Hoff näht gemeinsam mit engagierten Ehrenamtlichen Kissen für Frauen mit Brustkrebs. Sie lindern nach der Operation den Wundschmerz und sollen den Betroffenen Trost spenden.
Das herzförmige Kissen, das Grit Hoff in der Hand hält, sieht ein bisschen deformiert aus. So, als hätte jemand beide Hälften des Herzens zu heftig nach oben gezogen. Doch diese langen „Ohren“ sind gewollt. Denn die Kissen, die die 52-jährige Schneiderin zusammen mit einer Nähgruppe in ihrem Atelier „Stich für Stich“ in Wiesbaden anfertigt, haben eine ganz spezielle Aufgabe – sie werden für Frauen mit Brustkrebs gefertigt. „Unter die Achsel geklemmt lindern die Herzkissen nach dem Eingriff die Wundschmerzen“, erklärt Hoff fachkundig, „sie nehmen den Druck von der Operationsnarbe und verhindern, dass sich Lymphflüssigkeit anstaut.“
Gut zwanzig Kissen stellen Hoff und ihre fleißigen Näherinnen pro Monat her. „Alles ehrenamtlich“, wie die Schneiderin betont. Sind die letzten Nähte gesetzt, fährt Hoff die Kissen ins Brustzentrum der Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden und übergibt sie einer der Krankenschwestern, die sie dann an die Patientinnen verteilt.
Frauen verschenken ihre Herzen
Seit sieben Jahren gibt es die Initiative nun schon. Benötigt die Klinik Nachschub, rufen sie Grit Hoff einfach an oder schicken ihr eine E-Mail. Dann macht Hoff sich gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen an die Arbeit.
Auf die Idee mit den langohrigen Herzkissen kam Hoff durch Zufall. „Von den Herzkissen habe ich durch eine Nähzeitschrift erfahren“, erzählt sie. Denn das Konzept, dass engagierte Frauen ehrenamtlich schmerzlindernde Kissen für Frauen nähen, die an Brustkrebs erkrankt sind, ist nicht neu. Gestartet wurde das Projekt 2001 in den USA, am Center for Breast Health am Erlanger East Hospital in Chattanooga (Tennessee). Fünf Jahre später brachte die dänische Krankenschwester Nancy Friis-Jensen das „Heart Pillow Project“ (dt. Herzkissen-Projekt) nach Europa. Seitdem haben sich in Deutschland, aber auch in Österreich, der Schweiz und Griechenland, zahlreiche Initiativen von Frauen gebildet, die ihr Herz an andere Frauen „verschenken“.
Klingt das kitschig? „Und wenn schon“, meint Hoff. Denn das Kissen hat noch einen weiteren Zweck. Es lindert nicht nur akute Schmerzen, es zeigt den betroffenen Frauen auch, dass andere an sie denken – „es ist eine Geste, die Mut macht“, sagt Hoff.
Im Atelier hängen Dankeskarten
Das findet auch Caroline Mohr vom Bundesverband Frauenselbsthilfe nach Krebs. „Gerade Frauen, die nach einer Brustoperation unter Schock stehen, tut dieser seelische Beistand gut“, so Mohr.
Dass die Initiative ankommt, bestätigt die Nachfrage. Mittlerweile beliefern Hoff und ihre freiwilligen Näherinnen nicht mehr nur das Brustzentrum der Asklepios Paulinen Klinik, sondern auch zwei weitere große Kliniken – eine in Frankfurt am Main und eine andere in Rüsselsheim. Die Dankeskarten, die Hoff von den betroffenen Frauen bekommt, hängen in ihrem Atelier. Manche der inzwischen genesenen Frauen nähen heute sogar selbst mit.
Wo noch in Deutschland werden die Herzkissen genäht?
In Deutschland gibt es mittlerweile zahlreiche Herzkissen-Projekte. Einen guten Überblick, welche Initiativen es derzeit gibt, finden Sie auf der Website „Herzkissen in Deutschland“.
24. August 2017
Fotos: Grit Hoff